(aktualisiert am 27.06.24)
Bauchatmung – den Begriff kennst du. Einen Kurs zum richtigen Atmen hast du aber wahrscheinlich noch nicht gemacht. Es sei denn, du bist gerade hochschwanger, Leistungssportler*in oder Yogi. Wie funktioniert das jetzt genau mit Bauch und Brust? Was ist richtig beim Atmen und was falsch?
Grundsätzlich steht der Bauch als Körperzone im Mittelpunkt vieler Diäten, Trainingsprogramme und Schönheits-OPs. Das Bauchideal ist flach, gern auch muskulär. Auf jeden Fall eher smart eingezogen als gemütlich entspannt.
Was hat das jetzt mit Bauchatmung zu tun? Wenn wir unseren Bauch einziehen, um schlanker zu wirken, machen die angespannten Muskeln es uns fast unmöglich, tief zu atmen. Auch ein harter Waschbrettbauch ist nicht unbedingt geeignet, sich flexibel den Atembewegungen anzupassen. Während wir abends eingesackt, bucklig und mit schlaffer Bauchmuskulatur stundenlang auf dem Sofa chillen, läuft unsere Sauerstoffversorgung auf Sparflamme.
Teamwork Bauchatmung und Brustatmung
Wie funktioniert die Bauchatmung genau und wie hängt sie mit der Brustatmung zusammen? Ich erkläre hier erst einmal die reine Mechanik, den groben, körperlichen Ablauf der Ein- und Ausatmung.
Merke: Die „normale“ Atmung ist immer eine Kombination von Bauch- und Brustatmung.
Einatmung ist aktiv = Muskelarbeit
- Das Zwerchfell zieht sich zusammen und senkt sich nach unten ab Richtung Bauch.
- Die Muskeln zwischen den Rippen und das Zwerchfell heben und weiten Deinen Brustkorb.
- Die elastischen Lungenflügel dehnen sich aus, da sie mit dem Brustkorb verbunden sind.
- Atemluft wird durch den entstandenen Unterdruck über Luftröhre und Bronchien automatisch in die Lunge gezogen.
- Das Zwerchfell steht jetzt tiefer, die Lunge ist mit Luft gefüllt. Magen, Darm & Co. sind nach unten zusammengeschoben, die Bauchdecke wölbt sich nach außen.
Es sieht also nur so aus, als atmest Du direkt in Deinen Bauch ein. Dabei sind es Deine „tiefergelegten“ Eingeweide, die Platz brauchen und den Bauch nach vorne bzw. im Liegen nach oben wölben. Hier kannst Du Form und Lage des Zwerchfells direkt unter den beiden Lungenflügeln gut erkennen:
Das Zwerchfell ist unser größter Atemmuskel. Es ist mit seinen zwei Schenkeln hinten an der Wirbelsäule (Lendenwirbelbereich) befestigt. Ebenso an den Rippen und vorne am Brustbein. Das Zwerchfell ist also eine Art „Trennscheibe“ zwischen dem Brustraum und dem Bauchraum.
Ausatmung ist passiv = Muskel-Entspannung
- Brust- und Bauchmuskulatur entspannen sich, das Zwerchfell wandert zurück in seine entspannte Kuppelform.
- Die Rippenbögen gehen zusammen, das Brustbein senkt sich leicht.
- Der Raum für die Lunge wird kleiner. Die Atemluft wird herausgedrückt.
- Der Bauch wird wieder flacher.
Unterschied Bauchatmung und Brustatmung
Bei der Brustatmung steht das Heben und Senken der Rippen durch den Einsatz der Muskulatur zwischen den einzelnen Rippen im Mittelpunkt.
Die Bauchatmung funktioniert hauptsächlich durch das Zusammenziehen des Zwerchfells. Das geht tiefer bei der Einatmung und drängt die unteren Rippen etwas auseinander. Bei der Ausatmung entspannt es sich nach oben.
Die gesunde Atmung bezieht immer Brust und Bauch mit ein. Das nennt man dann Mischatmung, oder auch costo-abdominale Atmung (lat. costa = Rippen, abdomen = Bauch).
Hier kannst Du die Atembewegung noch einmal gut sehen (mit relativ starker Beteiligung der Brustatmung):
Die Bauchatmung macht anteilig etwa zwei Drittel der natürlichen Mischatmung aus. Das fehlende Drittel ist Brustatmung.
Die gesunde Mischatmung ist also das Basis-Atemmuster. Je nachdem wie sich die Gewichtung zwischen Bauchatmung und Brustatmung verschiebt, entwickeln sich daraus persönliche Atemgewohnheiten, auch Atemmuster genannt.
Die Brustatmung verstärkt sich bei Belastung
- Sie führt dem Körper schnell viel Sauerstoff zu, z. B. beim Rennen, beim Sport, in Notsituationen.
- Als Signal für Stresszustände versetzt sie den Körper in Aktionsbereitschaft (Aktivierung des Sympathikus).
- Bei innerer Anspannung und Angstgefühlen atmen wir schneller und verstärkt in die Brust- und Schlüsselbein-Region (Hochatmung).
Die Bauchatmung wirkt beruhigend
- Die Bauchatmung (= Zwerchfellatmung) ist ruhiger und ökonomischer.
- Bei vorherrschender Bauchatmung stehen die Zeichen auf Entspannung. Das parasympathische Nervensystem wird aktiviert, das für Regeneration und Verdauung zuständig ist.
Ungesunde Atemmuster
Brustatmung pur
Du bewegst nur deinen Brustkorb beim Atmen. Dabei hältst du deine Bauchmuskeln ständig angespannt, ohne es zu merken. Du machst also nur Brustatmung und verhinderst die Bauchatmung.
Hochatmung
Du hast Dir eine Hochatmung (Schlüsselbeinatmung) angewöhnt. Hier geht die Atembewegung nicht nach unten, sondern Brustkorb und Schultern werden mit jeder Einatmung hochgezogen. Deine Lunge schafft sich Platz nach oben, da sie sich nicht mehr in Richtung Bauch, Brust und Rücken ausdehnen kann. Oft ist dann auch ohne körperliche Anstrengung ein Atemgeräusch zu hören.
Aufgepumpter Brustkorb
Der Brustkorb wirkt wie aufgepumpt und bewegt sich kaum. Die Muskulatur für die Einatmung ist total verspannt. Das Ausatmen fällt schwer. Das ist z. B. bei vielen Asthmatikern so. Eine gute Ausatmung ist wichtig, damit du dann auch wieder tief einatmen kannst.
Bauchatmung pur
Du bewegst nur deinen Bauch beim Atmen. Der Rest des Oberkörpers ist nicht aktiv. So „belüftest“ du nur einen Teil der Lunge, die oberen Teile werden nicht genügend mit Luft gefüllt. Das ist unökonomisch und kann auch zu Infektionen führen.
Bauchatmung paradox
Du machst die Bauchbewegung genau verkehrt herum. Bei der Einatmung ziehst Du den Bauch ein, und bei der Ausatmung streckst Du ihn heraus. Das nennt sich paradoxe Atmung, und ist anstrengend und wenig effektiv in Sachen Sauerstoffversorgung.
Die Basisübung für Deine Bauchatmung
Um den Atem ein bisschen tiefer in Richtung Bauch zu locken, lege einfach eine Hand locker auf Deinen Bauch. (Versuche dabei, Deinen Bauch zu akzeptieren, so wie er ist😉). Dann fühle, wie der Bauch sich bei der Einatmung sanft zu Deiner Handfläche hin ausdehnt. Bei der Ausatmung wird er wieder ein bisschen flacher.
Am einfachsten übst Du das im Liegen abends vor dem Einschlafen. Diese tiefere Atembewegung aktiviert den beruhigenden Teil Deines Nervensystems. So kannst Du auch leichter zur Ruhe finden.
Zum Üben der gesunden Mischatmung bzw. Vollatmung kannst Du jetzt auch die andere Hand dazu nehmen. Also eine Hand auf den Bauch, die andere auf die Mitte der Brust. Auf Dein Herz, das ja zwischen den beiden Lungenflügeln liegt.
Stelle Dir beim ruhigen Atmen vor, wie die Luft zuerst langsam Deinen Bauch füllt, und danach erst Deinen Brustkorb erreicht. Erst hebt sich also die Hand auf dem Bauch, dann ein wenig Deine Brust-Hand. In Deiner Vorstellung füllt Dich Dein Atem so, als wenn Wasser einen Krug füllt: von unten nach oben. In der Ausatmung lässt Du einfach wieder alles los.
Als Erwachsene atmen wir ca. 12 – 18 Mal pro Minute. Pro Tag sind das ca. 20.000 Atemzüge. Wir haben also jede Menge Möglichkeiten, unökonomische oder sogar schädliche Atemmuster positiv zu beeinflussen. Allerdings müssen wir sie dazu erst einmal erkennen.
Um erste Schritte zu gehen, lies doch meine anderen Blog-Artikel zum Thema Atmung: Richtig atmen. 4 Gründe warum es dir schwerfällt oder Meine 8 einfachen Tipps zum Atmen bei Stress.
Achtung/Vorsicht/Disclaimer: Wenn Du unter plötzlicher Atemnot leidest, gehe sofort zum (Not)Arzt. Gravierende Grunderkrankungen wie Herzschwäche bzw. Herzinfarkt oder eine Lungenembolie könnten die Ursache sein. Lass Dich immer zuerst durchchecken, um Gewissheit zu haben, dass Dein Herz-Kreislaufsystem, Deine Lunge und Deine Blutwerte (Anämie) grundsätzlich in Ordnung sind.
Nimm‘ nach Rücksprache mit Deinem Arzt bei Atemproblemen zusätzlich professionelle Hilfe durch einen qualifizierten Atem- oder Physiotherapeuten in Anspruch. Besonders bei Lungenerkrankungen wie Asthma oder COPD (Raucherlunge) solltest Du lernen, Deinen Atem mit Hilfe besonderer Atemübungen und Körperhaltungen ökonomisch einzusetzen.
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