(aktualisiert am 23.08.22)
Breathwork ist das bewusste Einsetzen der Atmung als heilsames Werkzeug zur Stärkung der körperlichen und seelischen Gesundheit. Gleichzeitig ist die Arbeit mit dem Atem ein sehr kraftvolles Werkzeug der Persönlichkeitsentwicklung.
Breathwork ist gerade wieder im Trend. Ob Holotropes Atmen, Wim Hof Methode, Clarity Breathwork – viele Atem-Schulen arbeiten mit starker Hyperventilation, kombiniert mit Mentaltraining und therapeutischen Ansätzen. Ob du mit Breathwork Ängste auflöst, durch Pranayma (Yoga-Atem) deine Lebensenergie stärkst oder klassische Atemübungen zum Stressabbau in deinen Alltag integrierst: Die bewusste Arbeit mit deinem Atem macht auf jeden Fall gesünder und fitter und kann dein Leben verlängern. Dazu mehr in diesem Artikel.
Breathwork als Sammelbegriff
Der Begriff Breathwork kommt ursprünglich aus den USA und wurde dort in den 60er Jahren als holotropes Atmen und Rebirthing das erste Mal populär. Mittlerweile ist Breathwork auch im deutschsprachigen Raum zu einem Sammelbegriff für alle Atemübungen geworden, die auf körperlicher, mentaler und emotionaler Ebene heilsam wirken sollen. Als bewusste „Arbeit mit dem Atem“ umfasst Breathwork mittlerweile ganz unterschiedliche Atemtechniken: von besonders schneller Überatmung (Hyperventilation) bis hin zu ganz ruhigen, meditativen Atemübungen.
Bei intensiven Breathwork-Sessions wird häufig extrem stark und schnell geatmet, Nase ein, Mund aus oder nur durch den Mund, in unterschiedlichen Rhythmen, mit und ohne Atemhalten. Manche Breathworker kombinieren dazu unterstützende Musik, Körperarbeit und Einzelbegleitung. Die Extremformen des tiefen Atmens und Atemhaltens mischen deinen ganzen Körper mal so richtig auf, wie bei einem Reset. Ziel einer Breathwork-Sitzung ist es nicht nur, deine Lungen zu stärken, sondern auch alte Muster und Glaubenssätze, körperliche Blockaden und Traumata aufzulösen.
Aber auch eine ruhige, sehr kontrollierte Beschäftigung mit dem eigenen Atem dein Leben positiv verändern. Nicht umsonst ist Atemarbeit fest verwurzelt in allen traditionellen Weisheitspraktiken, wie z. B. dem Yoga, den asiatischen Kampfkünsten und der Meditation.
Im 20. Jahrhundert wurde Breathwork Teil moderner therapeutischer und medizinischer Ansätze. Die Buteyko-Methode z. B. trainiert eine reduzierte Atmung ausschließlich durch die Nase. Atemübungen aus dem Yoga werden als Präventionsmaßnahme von den Krankenkassen gefördert, Atemtherapie ist Teil der Rehabilitation, nicht nur bei Lungenerkrankungen oder Long Covid.
Mit deinem Atem kannst du deine Gedanken steuern und auch viele deiner Körperfunktionen beeinflussen. Grundsätzliches Ziel ist es, stärker, gesünder und bewusster zu werden. Hier eine kleine Liste der positiven Wirkungen von Breathwork:
Die Wirkung von Breathwork
Leichter Einschlafen
Zu viel Stress, Ängste, Handy, Internet, Koffein oder Alkohol überreizen unser Nervensystem. Sanfte Atemübungen helfen dabei, unser Nervensystem zu beruhigen und die Überreizung auszugleichen. Nach ruhigen Atemübungen kannst du besser abschalten und leichter einschlafen.
Bessere Verdauung
Breathwork und Pranayama (z. B. Kaphalabati) können deine Verdauung unterstützen. Durch das tiefere Atmen kommt es zu stärkeren Zwerchfellbewegungen. Das massiert die inneren Organe und verbessert den Blutfluss und die Aktivität im Darm. Weniger Blähungen und ein positiver Einfluss von entzündlichen Prozessen im Darm durch Senkung des Stresspegels sind die Folge. Weniger Stress durch besseres Atmen hilft auch dabei, gesünder zu essen.
Weniger Schmerzen
Durch tiefes Atmen werden Endorphine ausgeschüttet, die die Schmerzempfindlichkeit reduzieren und das Wohlbefinden steigern. Das Stresshormon Cortisol wird durch entspannende Atemübungen reduziert. Anstatt chronische Schmerzen zu verdrängen, verbindest du dich durch den bewussten Atem wieder enger mit deinem Körper. Das kann Selbstheilungsprozesse anstoßen.
Breathwork ist Detox
Tiefes Atmen steigert die Effizienz der Lunge und wirkt stärkend auf das Herz. Abfallprodukte, wie Kohlendioxid, werden mit der verstärkten Ausatmung gründlicher ausgeschieden. Die verstärkte Bewegung des Zwerchfells hat auch positive Auswirkungen auf unser Lymphsystem. Bei einer gesunden, ruhigen Atmung können unsere Körperzellen den eingeatmeten Sauerstoff besser aufnehmen.
Verwandlung stressiger Gefühle
Mit dem Atem kannst du Einfluss auf Emotionen wie Ängste, Wut und Trauer nehmen. Du „beatmest“ quasi die Gefühle, die dich aus dem Gleichgewicht bringen und nimmst ihnen so die Macht über dein Leben. Die Qualität deines Atems beeinflusst deine Gehirnwellen. Du kannst die in angespannter Wachheit vorherrschenden Betawellen in etwas entspanntere Alphawellen verwandeln, indem du deine Augen schließt und durch achtsames Atmen in den gegenwärtigen Moment kommst.
Ziel einer Atemmeditation ist dann ein wirklich entspannter Zustand, in dem wir Zugang zu unserer Intuition haben und empfänglich sind für tiefe Einsichten jenseits unseres Alltagsbewusstseins (Thetawellen – tiefe Meditation und Traum).
Selbsterfahrung durch Breathwork
Atemarbeit schafft einen kraftvollen Raum für Selbsterforschung. Nach und nach verändert sich dein Bewusstsein hin zu einer tieferen Verbindung zu dir selbst und dem Rest der Welt. Letztlich ist bewusste Atemführung immer auch eine spirituelle Praxis. Sie lässt uns sicher werden in uns selbst, sodass wir frei werden, uns mutig an das Leben zu verschenken. Vielleicht ermöglicht dir die Atemarbeit auch ein neues Gefühl der Lebendigkeit und der Verbundenheit mit dem Großen Ganzen, dem Göttlichen, dem Kosmos (wie auch immer du das nennen möchtest).
Breathwork Übungen: 3 Kategorien
Es gibt unglaublich viele Breathwork Übungen. Im Yoga wird es auf die Spitze getrieben mit der Vielzahl an komplizierten Atemübungen. Einer meiner amerikanischen Yoga-Atemlehrer, Lucas Rockwood, hat den unübersichtlichen Übungs-Dschungel ganz plakativ in Kaffee-, Wasser- und Whiskey-Übungen eingeteilt. So kannst du dir einfach merken, dass alle Übungen grundsätzlich in drei verschiedene Kategorien fallen:
- anregende Atemübungen
- ausgleichende Atemübungen
- beruhigende Atemübungen
1. Anregende Atemübungen
Starke Atemtechniken arbeiten mit kräftiger, tiefer und schnellerer Atmung (Hyperventilation). Reinigende Atemübungen aus dem Yoga, z. B. Kapalabhati Pranayama (starke, schnelle Ausatmung durch Bauchimpuls, Einatem reflektorisch) gehört auch zu den aktivierenden Übungen. All diese „Kaffee“-Übungen
- lösen Blockaden im mentalen und emotionalen Bereich
- setzen eine Menge Energie frei
- können starke Gefühle und Trance-Zustände hervorbringen
Beispiele: Kräftige Yoga-Vollatmung, verbundender Atem, Wim-Hof Atmung, Rebirthing, Emotional release breathing, Tummo-Atmung
Achtung: Anregende Atemtechniken mit Hyperventilation sollte man mit Vorsicht ausführen. Wenn du unter hohem Blutdruck, Herzproblemen, einer Lungenerkrankung oder Angststörung leidest, lass lieber die Finger davon. Starke Atemtechniken sollten immer im Anschluss durch ruhige, meditative Atemübungen ausgeglichen werden. So kann sich unser ohnehin überreiztes Nervenkostüm wieder beruhigen.
2. Ausgleichende Atemübungen
Ausgleichende Atemübungen bringen den sympathischen, aktivierenden Teil des Nervensystems und den parasympathischen, regenerierenden Teil wieder mehr in Balance. Wenn du nervös oder angespannt bist, wirken sie entspannend, wenn du dich müde und schlapp fühlst, bauen sie dich auf. Sie passen also immer, wie das Glas Wasser zwischendurch. Auch um erst einmal herunterzukommen und als Einstieg zur Meditation sind ausgleichende Atemübungen gut geeignet.
Wenn du gleich lang ein- und ausatmest; also z. B. ruhig bis 4 zählst bei der Einatmung und im gleichen Tempo bis 4 bei der Ausatmung und das für ein paar Runden durchhältst, hast du schon eine klassische ausgleichende Atemübung gemacht.
3. Beruhigende Atemübungen
Eine Verlängerung der Ausatmung wirkt beruhigend auf unser Nervensystem und entspannend auf Körper und Geist. Beruhigende Atemübungen mit langer Ausatmung machen aber nicht unbedingt müde, sondern bringen dich gleichzeitig in einen Zustand der Konzentration. Ruhiges, langsames Atmen beruhigt dein Herz und aktiviert den Parasympathikus. Der CO₂-Gehalt im Blut erhöht sich. Das führt zu einer Weitung der Bronchien und Gefäße und zu einer besseren Verwertung des eingeatmeten Sauerstoffs.
Eine sehr bekannte beruhigende Atemübung ist die 4711 Übung. Einatmung 4 Sekunden, Ausatmung fast doppelt so lang mit 7 Sekunden. Das Ganze machst du 11 Runden lang. Funktioniert.
Was Breathwork mit Yoga zu tun hat
Die meisten Atemtechniken, die aktuell mit „Breathwork“ bezeichnet werden, stammen ursprünglich aus dem Yoga. Die kontrollierte Atemführung im Yoga wird Pranayama genannt. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der yogischen Lehre, neben den Körperhaltungen (Asanas) und der Meditation. Prana ist die Lebensenergie, die auch unsere Ein- und Ausatmung regelt.
Was in Entspannungs- oder Yogakursen häufig als Yoga-Atem (Pranayama) bezeichnet wird, sind oft nur vorbereitende Übungen. Die alten yogischen Atemübungen zur Erweiterung der Lebensenergie sind komplexer. Sie arbeiten mit energetischen Körperverschlüssen (Bhandas), bei denen man bestimmte Muskelgruppen (Beckenboden, Bauch, Hals) anspannt und längeren Atempausen (Kumbhaka). Mehr dazu in einem weiteren Atem-Artikel.
Die dreistufige tiefe Yoga-Vollatmung ist auf jeden Fall die Basis für die meisten Breathwork-Techniken. Sie besteht aus der Einatmung zuerst in den Bauchbereich (Zwerchfellatmung), dann über die Flanken (seitliche Ausdehnung) in den oberen Teil des Brustkorbs (Lungenspitzen, Schlüsselbein-Gegend). Die Ausatmung geschieht dann in umgekehrter Reihenfolge von oben nach unten. Ziel ist die Vertiefung der Atmung durch die vollständige Ausnutzung der Atemräume.
Meine Empfehlung ist es, die „Atemwelle“ vom Bauch in den Brustkorb einfach mal im Liegen zu üben. Lege dazu deine Hände auf den Bauch unterhalb des Bauchnabels. Atme tief und entspannt durch die Nase ein. Zuerst so, dass die Hände sich sanft haben und weite dann in einem zweiten Schritt mit dem Atem deinen Brustkorb. In der Ausatmung entspannst du Brustkorb und Bauch einfach wieder (Bauchdecke senkt sich ab). Das ist eine wunderbare Übung, um Stressgefühle nach und nach loszulassen.
Ist Breathwork gefährlich?
Sanfte, ausgleichende und beruhigende Atemübungen stärken deine Gesundheit und brauchen keinen Beipackzettel. Eine schnelle, flache Atmung ist ja üblicherweise ein Zeichen von Angst oder Panik. Umgekehrt kann diese Art zu atmen auch Stresszustände und Panik auslösen. Gegenanzeigen für starke Atemtechniken mit heftiger Hyperventilation und langem Atemhalte-Pausen sind zum Beispiel:
- gravierende Herzprobleme
- Epilepsie
- starker Bluthochdruck
- frische chirurgische Eingriffe am Oberkörper oder Kopf
- Psychosen oder akute Traumata
- Schwangerschaft nach dem dritten Monat
Fazit
Breathwork hat viele unterschiedliche Ausprägungen. Alle Atem-„Schulen“ nutzen den unglaublichen Einfluss, den die Qualität unseres Atems auf unseren Körper, unser Denken und unsere Gefühle hat. Besserer Schlaf, eine stärkere Gesundheit und Immunabwehr, mehr Lebensfreude, innere Freiheit und Seelenruhe. Tiefer, ruhiger und bewusster zu atmen ist ein Lebenselixier, das dir jederzeit zur Verfügung steht.
Brauchst du trendige Breathwork-Sessions, um jetzt gleich damit zu beginnen, deinen Atem besser zu nutzen? Meiner Meinung nach eher nicht. (Außer, du möchtest deine körperlichen und psychischen Grenzen ausloten. Suche dir dafür auf jeden Fall die Begleitung einen gut ausgebildeten Atem-Therapeuten oder Coach.)
Eine regelmäßige Übungspraxis kannst du auch wunderbar Zuhause etablieren. Mit einer anregenden oder ausgleichenden Atemübung am Morgen und einer beruhigenden Atemübung vor dem Einschlafen hast du schon viel für dich getan. Wenn du tagsüber bei stressigen Situationen öfter einmal daran denkst, langsamer und ruhiger „in den Bauch“, ca. 6 Sekunden ein – und auch wieder 6 Sekunden auszuatmen, um in einen ruhigeren Atemrhythmus zu kommen, bist du schon ein Breathworker geworden.
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