(aktualisiert am 27.06.24)
Chanten, Mantra Singen, Kirtan – was ist das eigentlich und wo liegen die Unterschiede? In meinem Glossar für Einsteiger bekommst du einen Überblick über Begriffe, die mit dieser heilsamen Form des Singens verbunden sind. Wenn du neugierig bist und mehr über Chanting und Mantras erfahren möchtest, lies einfach mal kreuz und quer. Viel Spaß!
A Capella
A capella heißt: Singen ohne Begleitinstrumente. Beim Chanting ist keine Begleitung nötig. Es geht auch ganz ohne Gitarre, Trommel oder Harmonium. Ein Instrument zur Begleitung unterstützt dich und die Singgruppe natürlich dabei, Rhythmus und Ton sicher zu halten. Ganz einfach und pur zu singen, hat aber auch seinen Reiz.
Authentisches Singen
Authentisches Singen ist eine Singform, die die Stimme als Werkzeug zum Abbau von innerem Stress und zum Ausdruck von Emotionen einsetzt. Deine Stimme zeigt an, wie es dir gerade geht. Ganz ohne Schönheitsideale und Bewertung wirkt das Produzieren von Tönen und spontanen Melodien entspannend und hilft dir, in einen guten Zustand zu kommen. Ähnliche Bezeichnungen sind intuitives Singen, Singen aus dem Herzen oder auch Heilsames Singen. Authentisches Singen ist eine kreative Form des Selbstausdrucks, die auch andere schöpferische Prozesse ins Fließen bringt.
Begleitinstrumente
Übliche Begleitinstrumente beim Chanten von klassischen Mantren in Europa sind das indische Harmonium, die Shrutibox und Tablas (indische Trommeln). Gitarre, Handtrommel und Rassel werden gern für Come-Together-Songs aus aller Welt genommen. Auch Bodypercussion, Händeklatschen, Fuß stampfen etc. unterstützt den Rhythmus der Lieder. Grundsätzlich kann jedes Instrument zum Begleitinstrument werden, das du mit in den Kreis nehmen kannst – auch das Klavier bzw. das handliche Keyboard.
Besingen
Besingen ist eine Art „Klangbehandlung“ mit der Stimme. Unser Körper kann bei achtsamem Lauschen die Klangschwingungen des Gesangs intensiv aufnehmen. Gleichzeitig wirkt diese besondere Form der liebevollen Zuwendung herzöffnend und vitalisierend. Besingen ist eine der ältesten Beruhigungstechniken der Menschheit. Es ist keine erlernte Technik, sondern wirkt am besten, wenn ganz spontan und intuitiv Töne und einfach Melodien entstehen. Der Vorname der besungenen Person ist zum Beispiel ein wunderbares und wirkungsvolles Mantra. Beim Besingen in der Gruppe liegen oder sitzen eine oder mehrere Personen in der Mitte umgeben von einem Kreis singender Menschen.
Bhakti
Bhakti ist der Weg der Liebe und Hingabe. Bhakti Yoga ist einer der vier Pfade der spirituellen Selbstverwirklichung im Yoga. In diesem Yoga der Hingabe ist das Mantra Chanting sehr wichtig. Wenn du am liebsten indische Mantren singst, kommst du eventuell mit dem Begriff Bhajan in Berührung, d. h. Verehrung mit Musik und Gesang. Damit wird das gemeinsame Chanten von hinduistischen Liedern und Gedichten über Heilige (Bhajans) bezeichnet. Häufig werden die Begriffe Bhajan, Kirtan, Mantra Singen und Chanting synonym benutzt als Bezeichnung für das Singen von spirituellen Liedern. Bhajans haben aber eher komplexe Melodien, Rhythmen und Texte.
Bija-Mantras
Bija Mantras sind Mantras, die nur aus einer Silbe bestehen. Diese Silben werden im Nada Yoga (Yoga des Klangs) als Keimsilben bezeichnet, da aus ihnen alle anderen indischen Mantras entstanden sind. Für jeden Aspekt Gottes gibt es in der indischen Lehren einen Klang, ein Bija Mantra. Der heilige Urklang OM bzw. AUM ist das bekannteste Bija-Mantra. Hier ein kleiner Überblick über die sieben Bija Mantras für die sieben Energiezentren des Menschen (Chakras):
- LAM für das Wurzelchakra (Muladhara)
- VAM für das Sakrachakra (Svadhisthana)
- RAM für das Solarplexuschakra (Manipura)
- YAM für das Herzchakra (Anahata)
- HAM für das Kehlchakra (Vishuddha)
- OM für das Stirnchakra, „drittes Auge“ (Ajna)
- STILLE für das Kronenchakra (Sahasrara)
Eine kurze Definition der Chakras (oder Chakren) findest du auch hier in diesem Glossar. In meinen Singing-Circles verwende ich nur Vokale zum Tönen. Die Bija-Mantras werden als relativ schnelle Wiederholung hintereinander gechantet: z.B. VAM, VAM, VAM etc. und wirken erst einmal eher befremdlich auf den Mantra-Neuling…
Call and Response (Wechselgesang)
Call and Response ist ein Ruf und Antwort-Gesang. Ein Vorsänger ruft oder singt eine kurze musikalische Phrase (Call), und die Gruppe antwortet gemeinsam darauf (Response). Diese Struktur stammt ursprünglich aus der traditionellen afrikanischen Musik. Sie wurde in vielen Musikgenres in Nord- und Lateinamerika aufgegriffen, wie z. B. bei den Trommeln der brasilianischen Musik. Viele Chants nutzen Call & Response. Auch der klassische indische Kirtan ist ein Vorsing-Nachsing Wechselgesang.
Chakras
Chakras oder auch Chakren sind in der indischen Philosophie Energiezentren im Körper. Ein Chakra (indisch: Rad) ist eine Art „Energiewirbel“ im Körper. Das komplexe Chakra-System könnte man extrem vereinfachen in einem Satz: Chakren sind Bereiche in unserem Körper, die Lebensenergie aufnehmen, sammeln und auch wieder abgeben.
Die Lehre von den Chakras geht davon aus, dass es neben dem rein körperlichen „stofflichen“ (physischen) auch noch einen „feinstofflichen“, energetischen Bereich gibt. Beim Chanten werden durch unterschiedliche Chants auch jeweils andere Chakren angesprochen. Indianische Chants sprechen mit starkem Trommelrhythmus und Fußstampfen z. B. eher den unteren Bereich des Körpers an (Wurzelchakra), ruhiges, langes OM-Chanting im Sitzen eher den oberen Bereich (Stirn und Kronenchakra). Die Chakren werden nach der indischen Lehre (Nada-Yoga) durch die sieben Bija Mantras oder durch Vokalklänge (U, O, A, E, I, M) harmonisiert.
Auch wenn dir die Bezeichnungen für unsere Lebensenergie wie Prana (indisch) oder Qi esoterisch vorkommen, kann die Einteilung des Körpers in eine symbolische Landkarte auch im täglichen Leben nützlich sein. Die klassischen sieben Hauptchakras sind:
- Wurzelchakra (Muladhara): unteres Ende der Wirbelsäule, Damm
- Sakralchakra (Svadisthana): Genitalien, Unterbauch, unterer Rücken, Hüften
- Nabelchakra (Manipura): Solarplexus über dem Bauchnabel
- Herzchakra (Anahata): Brustbereich
- Hals- oder Kehlkopfchakra (Vishuddha): Hals, Nacken, Schultern
- Stirnchakra, „Drittes Auge“ (Ajna): zwischen den Augenbrauen, mitten im Schädel
- Kronenchakra (Sahasrara): Kopfkrone, Hirnrinde (Cortex)
Es gibt unglaublich viele schlechte Bücher und unangenehm esoterische Websites zum Thema „Chakras“. Wenn du tiefer in das Thema einsteigen willst, empfehle ich die Bücher und Kurse von Anodea Judith oder Shai Tubali (fast alles auf Englisch).
Chant, Chanting, Chanten
Ein Chant ist ein allgemeiner Begriff für einen (feierlichen) Gesang oder ein religiöses Lied oder Mantra. Chanting kommt aus dem Englischen to chant und heißt singen oder rhythmisch rufen. Chanten kann man auch als Singen von spirituellen Liedern bezeichnen, aus ganz unterschiedlichen Kulturen und Religionen, wie z. B. dem Hinduismus, Buddhismus, Christentum, Judentum, Sufismus und von den indigenen Völkern.
Im Unterschied zum traditionellen Singen liegt der Fokus beim Chanting auf der Einfachheit der Lieder und Texte und der häufigen Wiederholung. Die Texte der Chants haben oft eine rituelle Bedeutung. Es geht um die Elemente, die Anrufung einer höheren Instanz, aber auch einfach um den Ausdruck von Lebensfreude. Chanting zu lernen ist nicht nötig, da sich Text und Melodie durch die vielen Wiederholungen schnell einprägen. Oft werden Trommeln oder Rasseln zur Begleitung eingesetzt und sehr einfache Kreistänze dazu kombiniert.
Chanten Wirkung
Chanten hat vielfältige Wirkungen auf den Körper. Durch längeres, entspanntes Singen werden verstärkt Glückshormone ausgeschüttet. Hier spielt besonders das Liebes- und Bindungs-Hormon Oxytocin eine Rolle, das z. B. auch beim Kuscheln, Sex und bei Geburten produziert wird. Gleichzeitig werden Serotonin, Noradrenalin und Beta-Endorphine ausgeschüttet und Stresshormone wie Adrenalin und Kortisol abgebaut. Leistungsfreies Chanten macht glücklich und stärkt die soziale Verbundenheit in einer Gruppe (s. auch: W. Bossinger: Die heilende Kraft des Singens)
Chanting Festivals
Ein empfehlenswertes Chanting Festival ist das Come-Together-Song-Festival im ZEGG in Brandenburg. Wenn du Yoga magst, gibt es eine reiche Auswahl an Yoga-Festivals, auf denen gemeinsam Mantren gechantet werden. Jede Menge sogenannter „beautiful souls“ findest du auch beim Agape Zoe Festival.
Circle Singing
Circle Singing (im Kreis singen) ist eine traditionell afrikanische Musikform. Mit rhythmischen Tönen und kurzen musikalischen Phrasen entstehen spontan wechselnde Klanggebilde (Circle Songs). Eine Leiterin gibt der im Kreis stehenden Singgruppe jeweils ein musikalisches „Stückchen“ zum Nachsingen, das dann „geloopt“ (häufig wiederholt) wird. Weitere musikalische „Mini-Einheiten“ kommen dazu, die einander überlagern. Auf Handzeichen der Leitung werden die Klang-Loops immer wieder verändert oder pausieren. Im Circle Singing gibt es auch die Möglichkeit für eine einzelne Stimme, frei über dem Klangteppich zu improvisieren.
Come-Together-Songs
Come-Together-Songs sind grundsätzliche alle Chants, Mantras und heilsamen Lieder aus verschiedenen Kulturen, die unkompliziert zusammen gesungen werden können. In den vier Liederbücher von Hagara Feinbier Come-Together-Songs (Band I – IV) findest du alles, was das Chanting-Herz begehrt (inklusive Gitarrengriffe). Eine ebenfalls reichhaltige Sammlung von Mantras aus aller Welt bieten die vier Liederbücher Sacred Songs von Ali Schmidt.
Esoterisch
Esoterisch, Esoterik (altgriechisch: „innerlich“) ist in der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs eine philosophische Lehre, die nur für einen begrenzten „inneren“ Personenkreis zugänglich ist. Der Begriff Esoterik ist vielschichtig und hat sich über die Jahrhunderte bis heute stark gewandelt. Esoterik kann als Denkform gesehen werden, die im Gegensatz zu wissenschaftlichem, mystischem, theologischem oder utopischem Denken steht (These von Antoine Faivre, 1992). Es werden symbolische Verbindungen zwischen allen Teilen der sichtbaren und unsichtbaren Welt gesehen. Astrologie und Schriften wie die Kabbala sind danach auch esoterische Lehren. Der Natur werden z.B. seelische Eigenschaften zugesprochen, und sie wird als lebendiges Wesen angesehen. Esoterisch ist nicht gleichzusetzen mit spirituell, obwohl das eine das andere nicht ausschließt.
Mantra Chanting oder Heilsames Singen wird teilweise als esoterisch empfunden, besonders, wenn es tiefer in die Yoga-Philosophie geht, fremde Gottheiten besungen oder Bija-Mantren getönt werden. Ich selbst bin eine Freundin unkomplizierter Offenheit und Bodenständigkeit. Du kannst die positiven Effekte des Chantens und Mantra Singens ganz ohne esoterische oder dogmatische Ausrichtung deiner Weltanschauung erfahren.
Gurmukkhi
Viele klassische Mantras aus dem Yoga, besonders aus dem Kundalini Yoga werden nicht auf Sanskrit (altindisch), sondern auf Gurmukhi gechantet. Das ist die Sprache der heiligen Schriften der Sikh.
Heilsames Singen, heilsame Lieder
Heilsames Singen ist das Chanten von einfachen Liedern und Mantren, die aufgrund ihrer Thematik und ihrer leichten Singbarkeit eine besondere soziale, gesundheitsfördernde und meditative Wirkung haben. Im deutschen Sprachraum wurden die Begriffe „Heilsame Lieder“ und „Heilsames (lauschendes) Singen“ von Wolfgang Bossinger und Dr. Karl Adamek geprägt. Viele der heilsamen Lieder in meinen Singkreisen stammen aus dem Buch der heilsamen Lieder von K. & W. Bossinger.
Herzkohärenz
Herzkohärenz ist ein entspannter Zustand, bei dem sich unser Nervensystem mit seinen beiden „Spielern“ Sympathikus und Parasympathikus im Gleichgewicht befindet. Durch das Chanten verlangsamt und vertieft sich die Atmung des Sängers und der Geist kommt zur Ruhe. Das begünstigt das Eintreten der Herzkohärenz, die auch „Herzharmonie“ genannt wird (s. auch W. Bossinger: Die heilende Kraft des Singens).
Improvisation
Improvisation beim Chanten bedeutet, die vorgegeben Melodiepfade des Liedes zu verlassen und spontan über oder unter der Melodie eigene Töne oder „Verzierungen“ zu singen. In Singgruppen singen erfahrene MitsängerInnen bei bestimmten Chants gerne eine eigene Oberstimme, indem sie eine Terz (3 Töne) oder Quinte (fünf Töne) über der allgemeinen Melodie singen. Auch andere Melodie-Varianten können im Zusammenklang improvisiert werden, nach dem Motto: „Es gibt keine Fehler nur Variationen“ (W. Bossinger).
Kirtan
Kirtan ist rhythmischer Wechselgesang zwischen Vorsänger (Wallah) und Zuhörern bzw. Mitsängern. Es hat seine Wurzeln in Indien und ist ein Bestandteil von Bhakti Yoga (= Yoga der Hingabe). Kirtanam bedeutet „Gottes Namen singen“. Die hingebungsvoll gesungenen Sanskrit-Mantras werden oft wiederholt und begleitet von Instrumenten wie dem indischen Harmonium, der Tambura, der Sitar und den Tablas (indische Trommeln). Es gibt keinen hierarchischen Unterschied zwischen Musikern und Zuhörer bzw. Mitsängern. Das Ziel von Kirtan ist Einheit und das gemeinsame Chanten von Mantras zur Verehrung des Göttlichen. Mehr über die verschiedenen Arten des Kirtan in diesem Artikel.
Kraftlieder
Kraftlieder sind inspiriert von den schamanischen Gesängen indigener Kulturen. Sie sind oft sehr rhythmisch und werden mit ganz einfachen rituellen Instrumenten wie Trommel, Rassel und Fuß stampfen verbunden. Als Kraftlied wird auch ein besonderes, meist mantrisch wiederholtes Lied bezeichnet, das dir persönlich im Alltag Kraft gibt. Kraftlieder können auch zu den sogenannten Heilsamen Liedern (Healing Songs) gezählt werden.
Mantra
Mantras sind sich wiederholende Silben, Worte oder Sätze. Das Wort Mantra stammt aus dem Sanskrit: „Man“ steht für „Manas“ und bedeutet Geist, und tra bedeutet schützen, bewahren. Das wiederholte Rezitieren oder Singen eines Lautes, Wortes oder Satzes soll den Geist vor negativen Gedanken schützen und ihn zur Ruhe bringen. Wenn Mantras und Gebete nicht laut gesagt oder gesungen werden, sondern rezitiert, geflüstert, gemurmelt, oder innerlich wiederholt werden, heißt das Japa.
Im engeren Sinne stammen Mantren aus dem indischen Kulturkreis (niedergeschrieben in den Veden) und werden meist auf Sanskrit (altindisch) gechantet. In der Philosophie des Yoga sind Mantras ein sehr komplexes System, bei dem viele Aspekte sehr sorgsam beachtet werden, z.B. die Auswahl des Mantras, die korrekte Aussprache, die Qualität und Energie beim Wiederholen.
Grundsätzlich gibt es in allen Kulturkreisen Mantras als Worte der Kraft und gesungene Gebete. Im Christentum ist es z. B. das Herzensgebet oder der Rosenkranz. Mantras im weiteren Sinn sind sich wiederholende Klanggebilde, die mit besonderer Bedeutung aufgeladen sind.
Medicine Songs
Medicine Songs sind Chants und Mantras aus aller Welt, die durch traditionelle Lieder der indigenen Völker Südamerikas inspiriert sind. Viele Medicine Songs werden weltweit in Singing Circles meist auf Spanisch und auf Englisch gesungen. Das Chanten der Lieder soll heilsam wie Medizin wirken, oft auch zusammen mit ritueller Pflanzenmedizin (z.B. Ayahuasca).
Mitte
Eine sogenannte Mitte ist der dekorativ und mit symbolischen Objekten gestaltete Mittelpunkt eines Singkreises. Beim Chanten sitzen oder stehen wir im Kreis. Es kann Blickkontakt untereinander entstehen oder die Augen erfreuen sich an der Schönheit der Mitte. Diese besteht häufig aus liebevoll arrangierten Blumen, Kerzen, Steinen, Muscheln, symbolischen Figurinen (z.B. Buddha, Ganesha), oft auf farbigen Tüchern dekoriert. Häufig symbolisieren diese Gegenstände die aktuelle Jahreszeit und die vier Elemente Erde (Blumen), Wasser (Muscheln), Feuer (Kerzen), Luft (Feder). Es gibt keine „offiziellen“ rituellen Vorgaben, wie die Mitte eines Singkreises genau auszusehen hat. Das Entscheidende ist die Achtsamkeit und Intention, mit der sie gestaltet wurde. In diesem Artikel erhältst du weitere Einblicke in das Geheimnis der „Singkreis-Mitte“.
Obertongesang
Beim Obertongesang werden durch Zungen-, Lippen- und Kieferbewegungen die Klang-Resonanzen im Mund- und Rachenraum beeinflusst. Die einzelnen Obertöne eines Tons klingen dann so laut, dass sie als Einzeltöne wahrgenommen werden. Es ist ein ganz spezieller „mehrstimmiger“ Klang, der so produziert wird. Besonders gut lässt sich dieser Gesang mit einem Bordun-Klang, wie z. B. von einer indischen Shruti-Box begleiten.
OM Chanting
OM–Chanting ist das lange Singen bzw. Tönen des Lautes OM als Klangmeditation. OM oder die Gliederung des Klangs in die Laute A–U–M wird in der indischen Philosophie als schöpferischer Urklang begriffen, aus dem alles Leben und der gesamte Kosmos entstanden ist. Die drei Laute AUM (= OM) verkörpern jeweils eine Phase des Lebens und einen Zustand des Seins:
- A – steht für Geburt und für den Wachzustand
- U – steht für das Leben und für den Traumzustand
- M – steht für den Tod und für die Wiedergeburt
- AUM – zusammen steht für das absolute Bewusstsein
OM wird häufig im Yoga oder auch in Singing Circles dreimal zu Beginn oder als Abschluss gechantet. Es kann in der Gruppe auch als langes OM-Chanting immer wieder „getönt“ werden, und zu einem gemeinsamen kraftvollen Klangstrom werden.
Rainbow Songs
Rainbow Songs sind Lieder, die bei Rainbow Gatherings im englischsprachigem Raum (ursprünglich USA) gesungen werden. Das sind spontane Treffen in der Natur zum gemeinsamen Essen und Singen. Die einfachen, sich mantrisch wiederholenden Rainbow Songs haben meist englischem Text, teilweise gemischt mit Zeilen aus anderen Sprachen wie Sanskrit oder Hopi. Rainbow Songs können rhythmisch und fröhlich sein. Es sind keine klassischen Mantras – also nicht original aus der indischen Kultur, und auch keine christlichen Lieder (Taizé) oder Popsongs. Eine weitere Untergruppe der Rainbow Songs sind die Heart Songs, ebenfalls auf Englisch, die emotionaler sind und „therapeutischer“ wirken, ähnlich wie die deutschen „heilsamen Lieder„.
Shruti Box
Die Shruti Box (auch Surpeti genannt) ist ein einfaches indisches Instrument zur Begleitung von Mantras. Sie sieht aus wie ein kleiner Koffer, klingt wie ein indisches Harmonium, hat aber keine Tastatur. Die Shrutibox ist ein Bordun-Instrument mit einer Oktave (8 Töne, meist von c – c1). Vorteile einer Shrutibox sind, dass sie auch ohne musikalische Kenntnisse sofort spielbar ist, sich gut mitnehmen lässt und preiswerter ist als ein Harmonium.
Durch das Pumpen des Blasebalgs im Instrument mit einer Hand erzeugst du den Ton bzw. Akkord. Vorher öffnest du eine oder mehrere Tonklappen an der Vorderseite der Shruti-Box, die den Klang des Dauertons (Bordun) während des Pumpens bestimmen. Allerdings ist der Tonumfang der Shrutibox sehr eingeschränkt und die Töne während des Chantens nicht gut wechselbar. Daher eignet sich das Instrument nur für bestimmte Mantren und Gesänge, wie z. B. das OM-Chanting und den Obertongesang. Mehr dazu in meinem Blogartikel zur Shruti-Box.
Singkreise, Singing Circles
Singkreise oder Singing Circles sind Orte, an denen Menschen zum gemeinsamen Chanten und Mantra-Singen im Kreis zusammenkommen. Im Singkreis begegnen sich alle auf Augenhöhe. Es gibt keine klassische Chorleiterin, keine Proben, keine Aufführungen. Die Kreisform ist auch ein symbolischer Ort der Integration und der gegenseitigen Wertschätzung. Du bist willkommen, mit allem, was du mitbringst.
Spirituell
Spirituell zu sein ist ein Weg der Bewusstheit. „Spiritus“ (lat.) kann mit Hauch oder Geist übersetzt werden. Der Glaube an eine geistige, nicht-materielle Ebene der Welt ist die Basis für eine spirituelle Weltsicht. Du kannst, aber musst dafür nicht ungedingt an einen Gott glauben. Ein Mensch auf dem Gipfel eines Berges kann auch ohne Religion eine spirituelle Erfahrung machen. Spiritualität ist eher die Erfahrung von Transzendenz, die bewusste Beschäftigung mit den Sinn- und Wertefragen des Lebens. Es gibt nicht die eine „richtige“ Definition von Spiritualität. Sie kann durch das Üben von Meditation und Achtsamkeit erfahren werden und ist nicht abhängig von „magischen“ esoterischen Praktiken.
Tönen
Tönen ist das freie Klingen der Stimme ohne Begrenzung durch ein Lied, eine Melodie oder einen vorgegebenen Rhythmus. Typischerweise liegen die Teilnehmer dabei entspannt auf Matten am Boden. Das Tönen geschieht spontan und intuitiv und die Teilnehmer lauschen dem Zusammenklang der Stimmen, der sich kontinuierlich verändert. Es gibt auch sogenannte „Tonings“, in denen ein musikalisches Leitmotiv vorgegeben ist oder eine improvisierte Geschichte mit Tönen und Lauten erzählt wird.
Vedic Chanting
Die Veden (Veda bedeutet „Wissen über das Leben“) sind die ältesten und heiligen Schriften Indiens (1200- 900 vor Chr.). Die Veden sind in der Form von Mantras verfasst. Diese sind der Ursprung aller weiteren klassischen indischen Mantren.
Die vedischen Mantras beschäftigen sich mit den Kräften der Natur, dem Sinn des Lebens und den Regeln für ein gesundes, glückliches Leben. Das Rezitieren aus diesen ältesten, heiligen Schriften Indiens wird auch Vedic Chant genannt. Es ist eine jahrtausendealte Methode, um das umfassende philosophische und spirituelle Wissen Indiens zu vermitteln. Im November 2003 wurde sie von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt.
Yoga Mantras
Yoga Mantras sind Mantras, die häufig in Yoga-Kreisen und beim Yoga-Unterricht gechantet werden. Hier als Beispiele vier beliebte Yoga-Mantras:
- Lokah Samastah Sukhino Bhavantu
Mantra für Frieden, Harmonie und Glück, das aus der jahrtausendealten Rig Veda stammt. Übersetzt bedeutet der Segensspruch so viel wie „Mögen alle Wesen in allen Welten glücklich sein“. - OM Mani Padme Hum
Mantra des Mitgefühls und der Liebe. Es ist das heiligste Mantra im tibetischen Buddhismus. - OM Namah Shivaya
Das hinduistische Mantra “Om Namah Shivaya” ist ein Heilungsmantra. Der Text bedeutet wörtlich: Ehrerbietung an Shiva, den Gott der Transformation und Zerstörung. Shiva kann als der Höchste, der Reinste in dir selbst angesehen werden. Das Mantra soll dich schützen und Gleichgewicht bringen. - Gayatri Mantra
Eines der wichtigsten im Hinduismus. Es stammt aus der Veda und ist eine Anrufung des inneren Lichts. Da der Text für viele Mantra-Anfänger aber eine Herausforderung ist, empfehle ich, mit leichteren Mantren zu beginnen:
OM bhur bhuvah svaha tat savitur varenyam bhargo devasya dhimahi dhiyo yo nah pracodayat OM
Quodlibet
Quodlibet (lat.: „Was du magst“) ist das gleichzeitige Singen bzw. Chanten von zwei oder mehreren Melodien oder Liedern. Das Quodlibet ist international als humorvolle Idee beliebt und wird auch als fricassée (franz.), ensalada (span.), centone (ital. Patchwork), medley oder potpurri bezeichnet. Ein Quodlibet beim Chanten ist ein einfacher Weg, mehrstimmig zu klingen (wie beim Kanon). Oft wird beim Chanting in der Gruppe ein deutscher oder englischer Text mit einem klassischen Mantra kombiniert. Ein Beispiel dafür ist Irias Lied Licht, Liebe und Kraft mit dem Mantra Om Mani Padme Hum.
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