(aktualisiert am 4.05.23)
Stimme ist mein Lieblingsinstrument. Sie ist einzigartig, ausdrucksstark, zart und stark zugleich: 100 Muskeln bewegst du alleine beim Sprechen. Deine Stimmbänder schwingen dabei ca. 240 Mal pro Sekunde („nur“ halb so schnell, wenn du männlich bist). Die Stimme vollbringt täglich Höchstleistungen und transportiert gleichzeitig wichtige Botschaften.
Zum internationalen World Voice Day 2022 am 16. April gibt es von mir eine kleine Liebeserklärung an die menschliche Stimme. Dazu ein paar wirkungsvolle Tipps gegen Heiserkeit, falls du ein bisschen über die Stränge geschlagen bist.
Einzigartig wie du
Deine Stimme ist so einzigartig wie dein Fingerabdruck. Es gibt keine zwei Menschen auf der Welt, die genau gleich sprechen, singen oder lachen. Länge und Dicke der Stimmbänder variieren und sind angeboren. Was wir aber für Klänge produzieren, können wir selbst stark beeinflussen. Ganz viele Muskeln und Resonanzräume haben Einfluss auf den persönlichen Stimmklang.
Unsere Artikulation mit dem Zusammenspiel von Kiefer, Gaumen, Zunge, Lippen und Zähnen spielt eine wichtige Rolle bei der Stimmgebung. Je nach Stimmung und Muskelspannung klingen wir freudig, wütend, ängstlich oder deprimiert.
Auch wenn wir nur lauschen, erkennen wir anhand der Stimme, wen wir am Telefon haben. Wir können ziemlich genau hören, wie es unserem Gesprächspartner gerade geht. Mit unserer Stimme schwingen wir uns im Gespräch unwillkürlich auf unser Gegenüber ein. In der Familie übernehmen wir unbewusst bestimmte Eigenschaften von vertrauten Stimmen und werden trotz aller Einzigartigkeit am Telefon schon mal mit der eigenen Mutter verwechselt.
Durch Worte und Gesang drücken wir unser innerstes Empfinden aus. Unser stimmlicher Ausdruck hinterlässt Eindrücke bei den anderen. Worte und Lieder sind Klanggebilde, die die Welt verändern können.
Stimme ist Person
Körpergröße, Gewicht, Muskelkraft, Lebensalter : Der Zustand unseres Körpers beeinflusst den Klang unserer Stimme. Aber nicht nur das. Auch unsere Psyche und gesellschaftliche Entwicklungen klingen mit. Die Stimme verrät viel über uns als Person:
- Hormonelle Veränderungen (Pubertät, Wechseljahre) und Alterungsprozesse bringen eine Veränderung der Spannung und Position der Stimmbänder und der Schleimhaut der Stimmlippen mit sich. Im Alter wird die Stimme oft tiefer, rauer und weniger belastbar. Körperlich in Bewegung zu bleiben, mehr zu sprechen und vor allem zu singen kann diesen Prozess aufhalten.
- Die Glaubwürdigkeit einer Person wird laut diversen Studien zu einem höheren Prozentsatz nach dem Klang ihrer Stimme als nach dem Inhalt ihrer Worte beurteilt.
- Unwillkürliche Laute, wie zustimmendes mmm, tröstendes oder mitfühlendes ohh, aaaah oder uijui lassen dich empfindsam und gefühlsbetont wirken. Verwendest du meist kurze, knackigen Sätze, wirst du eher als rational eingestuft. Ein komplexer Satzbau wirkt besonnen und nachdenklich.
- Deine Sprechmelodie verrät, wo du herkommst – auch wenn du keinen Dialekt sprichst. Variiert die Tonhöhe beim Sprechen stark, wirst du eher als extrovertiert und selbstbewusst eingeschätzt. Wenn du ein kleines Lächeln mit in deine Stimme nimmst, klingst du gleich lebendiger und sympathischer.
- Als Folge der Emanzipation sind Frauenstimmen in den letzten Jahrzehnten im Durchschnitt eine Terz (drei bis vier Halbtonschritte) tiefer geworden.
- Weibliche Stimmen werden an ihren fruchtbaren Tagen von Männern als besonders attraktiv eingeschätzt. Frauen konnten bei Versuchen allein an der Stimme die „Männchen“ mit den meisten Sexualkontakten identifizieren.
Deine Stimme hilft dir du selbst zu sein
Deine Stimme ist ein Zustands-Indikator. Sie zeigt dir, was stimmig für dich ist und was nicht. Im Laufe unseres Lebens entwickeln wir oft ungünstige Verhaltensmuster, die uns ursprünglich schützen sollen. Wenn diese Muster weiter bestehen und sich verhärten, kann das sensible „System Stimme“ aus dem Gleichgewicht geraten. (Ver)-Spannungen entstehen. Anstrengungsgefühle beim Sprechen und Singen und Heiserkeit sind die Folge.
Wenn deine Stimme nicht mehr richtig belastbar ist und leicht heiser wird, kann das an deinem Lebensstil (zu viel Stress, Nikotin, und Alkohol) liegen. Auch psychische Herausforderungen, Trauer, Schmerz und Überforderung legen sich auf die Stimme.
Deine Stimme ist weise und zeigt dir schon früh, wenn etwas nicht stimmt. Sie meldet sich als Wegweiserin zu einem stimmigeren Leben, wenn du ihr Aufmerksamkeit schenkst. Bei einem gepressten, angestrengten Stimmklang und einem engen Gefühl in der Kehle lohnt sich zum Beispiel die Frage, was dir in deiner Lebenssituation gerade Druck macht. Ein Stimmtraining, das nicht eingebettet ist in die Betrachtung der gesamten Lebensumstände, hat nur wenig Aussicht auf Erfolg.
Wenn du deine Stimme mal loslässt – einfach etwas herauslässt an Geräusch und Klang, kann das schon sehr viel Entspannung bringen. Auch daher wirkt authentisches Singen und Chanten so entlastend auf Körper und Psyche.
14 Tipps gegen Heiserkeit
Heiserkeit ist nicht nur bei Lehrern und Fußballtrainerinnen häufig. Sie kommt u.a. im Zusammenhang mit Erkältungen, Infekten, organischen oder funktionellen Stimmstörungen, als Reaktion auf schädliche Substanzen in der Umwelt oder als Nebenwirkungen von Medikamenten (z. B. cortisonhaltige Inhalate) vor. Wenn deine Heiserkeit regelmäßig auftritt, solltest du auf jeden Fall zusammen mit einem Facharzt die Ursachen herausfinden (s. Tipp 14).
Hier meine Tipps gegen Heiserkeit, mit denen du deine Stimme unterstützen kannst:
- Lockere deinen Kiefer und lass ihn nach unten fallen. Löse die Kaumuskulatur durch Dehn- und Lockerungsübungen und sanftes Ausstreichen deiner Wangen nach unten mit der Vorstellung, dein ganzes Gesicht schmilzt weich in Richtung Schwerkraft.
- Nacken und Schultern haben muskuläre Verbindungen zum Kehlkopf. Verspannungen dort übertragen sich auf deine Stimme. Spezielle Gymnastikübungen und wohlig-weiches Räkeln tun der Stimme gut.
- Löse deine Gesichtsmuskulatur indem du Grimmassen schneidest, deine Zunge im Mund kreisen lässt und sie auch mal ganz weit herausstreckst.
- Blubbere mit dem LaxVox-Schlauch. Das sorgt für Stimmlockerung. Wenn du keinen Marken-Schlauch kaufen willst, nimm erst einmal einen möglichst dicken Strohhalm und ein tiefes Glas mit Wasser zum Ausprobieren. (Hier eine kleine Lax-Vox-Einführung (Teil 1 und Teil 2) mit der sympathischen Christiane Harasky – nicht nur für SängerInnen).
- Inhaliere mit dem Macholdt-Inhalator (einem Glaskolben ohne Stecker) und einem Tropfen ätherischem Eukalyptusöl. Auch das Inhalieren von Wasserdampf mit Kochsalzlösung und Salbei ist nach meiner Erfahrung wohltuend bei Heiserkeit.
- Flüstern ist tabu, da deine Stimmlippen dabei unter Spannung stehen. Sprich lieber mit leiser Stimme.
- Räuspere dich nicht gegen den Frosch im Hals. Durch hartes Räuspern wird nur mehr Schleim produziert, um die strapazierten Stimmlippen zu schützen. Besser einen kleinen Schluck trinken und den Frosch schlucken. Wenn das nicht klappt, dann möglichst sanft und vornehm „Hm-m“ machen.
- Genug trinken ist wichtig. Am besten viel Wasser, Kräuter- oder Ingwertee über den Tag verteilt. Getränke wie Kaffee, grünen Tee oder Alkohol nur in Maßen, da sie die Schleimhaut austrocknen. Ich schwöre ja auf Tee mit Limettensaft und Honig als Balsam für die Stimme.
- Artikuliere deutlicher. Eine klare Aussprache nimmt Druck von der Kehle.
- Gehe näher ran an deine Gesprächspartner anstatt durch den ganzen Raum (das Haus, die Sporthalle) zu brüllen.
- Lege deinen Fokus beim Sprechen mal in den Nasenraum – und damit weg von deiner Kehle.
- Entspanne dein Nervensystem. Schlafe mehr. Gönn‘ dir öfter Ruhepausen im Alltag. Aktiviere die Bauchatmung. Finde einen Weg, zu meditieren.
- Schweige. Absolute Stimmruhe ist die allerbeste Medizin bei Heiserkeit.
- Hole dir professionelle Hilfe, wenn du öfter heiser bist. Die Ärzte, die sich mit dem Wunderwerk Stimme am besten auskennen, heißen Phoniater. Dort oder auch beim HNO kannst du dir logopädische Stimmtherapie verordnen lassen.
Happy World Voice Day 2022
„Lift up your Voice“ ist das Motto des diesjährigen World Voice Day. Erhebe deine Stimme – und lass dich von ihr immer wieder mitreißen aus Freude am Selbstausdruck, aus Singlust und dem Glück, lebendig sein. Deine Stimme verbindet dich mit deiner eigenen Lebensweisheit und dem großen Lebenslied, das wir alle gemeinsam singen.
Happy World Voice Day und alles Gute für deine Stimme!
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Liebe Elena, ein wunderbarer Artikel … mit so viel Mehrwert … ganz herzlichen Dank!!!
Danke Dir Elena für diesen wunderbaren und informativen Text !! Herzlichste Grüße und bis hoffentlich bald mal wieder Kati 🙂